Wie nachhaltig ist der Immobiliensektor?
Wenn man es mit der CO2-Reduzierung ernst meint, sollte man sich auf jeden Fall auf den Immobiliensektor konzentrieren", sagt Ronja Weber, Studentin an der TU Berlin (Hochschule für Wirtschaft und Management), während der Präsentation der Forschungsarbeit ihrer Gruppe zum Thema "Deep-Tech-Lösungen für nachhaltiges Bauen" gestern im Maschinenraum.
Normalerweise konzentriert sich die öffentliche Diskussion über CO2 hauptsächlich auf den Personenverkehr und die FMCG-Produktion, vernachlässigt aber den Immobiliensektor, der jährlich bis zu 35 % zu den globalen CO2-Emissionen beiträgt. Außerdem ist diese Branche derzeit weder Vorreiter bei der digitalen Transformation noch Vorreiter bei nachhaltigen Lösungen. Aber da die Notwendigkeit von Veränderungen in dieser Branche immer offensichtlicher wird und die Bewältigung großer Datenmengen immer einfacher wird, sehen wir, dass die digitale Transformation der Immobilienbranche langsam an Fahrt gewinnt.
Wir bei wattx haben diese Entwicklung beobachtet und Anfang 2020 ein Forschungsprojekt zum aktuellen Stand und zur zukünftigen Entwicklung von Prop-Tech durchgeführt - mit besonderem Augenmerk auf nachhaltige Lösungen. Wir haben drei verschiedene Phasen identifiziert: die Konzeption und Planung von Immobilienprojekten, den Bau von Gebäuden und schließlich das Facility Management.
Für die Forschung im Bereich Facility Management haben wir uns mit einer Gruppe von Studenten der TU Berlin unter der Leitung von Prof. Dr. Eric Schott und Ataaz Mir (Campana & Schott) zusammengetan, die uns bei der Erforschung von Deep-Tech-Lösungen für nachhaltiges Bauen unterstützen. Gestern kam die Studentengruppe in unser Büro, um ihre Ergebnisse zu präsentieren. Um Ihnen einen Eindruck von ihren Ergebnissen zu vermitteln, haben wir die wichtigsten Erkenntnisse wie folgt zusammengefasst:
Der Energieverbrauch - zusammen mit den CO2-Emissionen - könnte insbesondere in öffentlichen und gewerblichen Gebäuden erheblich gesenkt werden, wenn die HLK-Systeme die Verhaltensmuster ihrer Kunden verstehen und widerspiegeln würden. Es versteht sich von selbst, dass dies in bestehenden Gebäuden viel kostspieliger und zeitaufwändiger ist als in Gebäuden, die noch gebaut, geplant oder entworfen werden müssen.
Viele moderne Gebäude könnten viel umweltfreundlicher betrieben werden als sie es derzeit sind.
Frederic Hirschmüller
Je älter die HLK-Anlagen sind, desto unwahrscheinlicher ist die Möglichkeit, Geräte zentral zu steuern. Eine Investition in Technologien könnte den Gesamtenergieverbrauch und die Kosten von Immobilien erheblich senken. Allerdings zögern die Gebäudebetreiber und -eigentümer, da die erforderlichen Investitionen sehr hoch sind und keine oder nur eine geringe Rendite zu erwarten ist.
VR-Start-ups, die enorme technologische Weiterentwicklung von Smartphones und einschlägige Technologien (z.B. Facebook Oculus Rift, Microsoft Hololens) sind leicht zugänglich, ungemein vielseitig und prädestiniert für den Einsatz im Betrieb sowie in der Instandhaltung des Facility Managements. Außerdem erfordern sie keine unkalkulierbaren Investitionen, sondern verstärken die Kosteneinsparungsbemühungen in mehreren Dimensionen.
Die effiziente Nutzung vorhandener Gebäudeflächen kann auch im Hinblick auf die Umwelt einen großen Unterschied machen, "denn jeder Quadratmeter, den man nicht baut, spart natürlich die meisten Ressourcen", sagt Inka Randebrock und plädiert für digitale Lösungen, die die Nutzung bestehender Gebäude optimieren. Bei Neubauten ist die Steigerung der Energieeffizienz natürlich viel einfacher, da der CO2-Verbrauch bereits in der Planungs- und Bauphase berücksichtigt werden kann. "Aber viele moderne Gebäude könnten viel umweltfreundlicher betrieben werden als sie es heute sind", sagt Frederic Hirschmüller.
Damit die Immobilienbranche nachhaltiger wird, verlangen die Baubehörden eine Reihe von Maßnahmen, bevor sie ein Immobilienprojekt genehmigen. Zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung, aber in der Praxis wird ein Großteil der ausgefeilten grünen Technologie - die in bester Absicht eingebaut wird - nie genutzt. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: Oft sind moderne nachhaltige Systeme zu komplex oder nicht benutzerfreundlich genug; den Gebäudebetreibern fehlt die Motivation, die vorhandene Technik optimal zu nutzen, oder die Verantwortlichen wollen einfach nicht in Experten investieren. "Wir haben leider eine Reihe von Fällen beobachtet, in denen es bei der Nachhaltigkeit offensichtlich mehr um das Abhaken von Kästchen auf der Agenda als um wirkliche Wirkung geht", so Frederic Hirschmüller abschließend.
Dank an Andres Olarte, Frederic Hirschmüller, Inka Randebrock, N. Olesiak, Peer-Simon Somrau und Ronja Weber.